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Jahrelang hat in vielen Unternehmen ein Restrukturierungsprogramm das nächste gejagt, Bereiche wurden zusammengelegt, Stellen gestrichen. Vielerorts wurde und wird noch gespart bis fast nichts mehr geht: Wirtschaft und Industrie durchlaufen eine beständige Transformation.

Die einen sagen: Change ist das neue Normal. Das einzig Beständige ist der Wandel, daran muss man sich gewöhnen. Die anderen geben zu: Mehr Stabilität wäre schön, wenigstens kurze Phasen der Konsolidierung. Es wird nicht möglich sein, das Tempo der Veränderung aufzuhalten – umso wichtiger ist es in diesen turbulenten Zeiten, den Mitarbeitenden auf andere Weise Stabilität zu geben. Der Schlüssel liegt hier nicht in Gehaltserhöhungen, Obstkörben oder Kicker-Tischen. Der Schlüssel liegt in der psychologischen Sicherheit.

Darunter wird eine Unternehmenskultur verstanden, in der Mitarbeitende das Gefühl haben, dass sie Ideen, Bedenken oder schlechte Neuigkeiten ansprechen können, ohne Angst zu haben, ausgebremst, zurechtgewiesen oder gedemütigt zu werden. Diese Definition führte Amy Edmonson 1999 erstmals ein.

In ihrem Buch Die angstfreie Organisation beschreibt Edmonson, was es braucht, um in einer komplexen, unsicheren Welt erfolgreich zu sein – als Individuum, als Team, als ganzes Unternehmen. In zahlreichen Studien stellte sich heraus, dass es neben organisatorischen Faktoren auch zwischenmenschliche, psychische Faktoren gibt, die maßgeblich beeinflussen, ob Mitarbeitende in Unternehmen Angst haben oder ob sie sich sicher und zugehörig fühlen.  


Drei V’s für ein angstfreies Unternehmen

Konkret sind es drei Aspekte, mit denen Führungskräfte psychologische Sicherheit im Unternehmen bewirken können: Verantwortung übernehmen – Vertrauen schenken – Verletzlichkeit zeigen. Diese drei V’s sind Grundvoraussetzung für ein angstfreies Unternehmen.

Auf die derzeitige Situation bezogen, die von einer scheinbar niemals endenden Pandemie und einem Krieg vor der Toren Europas geprägt ist, gibt es fünf konkrete Tipps, wie Führungskräfte in ihrem Unternehmen vorgehen können, um psychologische Sicherheit zu schaffen:

Klartext sprechen

Ungewissheit und Komplexität sind allgegenwärtig. Es hilft, offen damit umzugehen und zu erklären, vor welchen Konfrontationen man steht. Es schafft die Gelegenheit zu erklären, weshalb auch die Stimmen der Mitarbeitenden so wichtig ist.

Derzeit gibt es ein sehr prominentes Beispiel für einen großartigen Kommunikator: Robert Habeck beschreibt als Wirtschafts- und Energieminister in klarer und unmissverständlicher Sprache, wo die Probleme liegen, wie komplex die Verflechtungen untereinander sind und wie alles mit allem zusammenhängt. Er beschönigt dabei nichts.

Die Situation ehrlich zu beschreiben, ist für Führungskräfte eine wichtige Aufgabe. Wer zeigt, dass er den Markt mit seinen Herausforderungen versteht und klar sieht, übernimmt damit Verantwortung und gewinnt Vertrauen. Nichts kommt in der Belegschaft schlechter an als ewiges Beschönigen der Situation. Wenn jeder weiß, dass die Wahrheit im Townhall gnadenlos gedehnt wird, gleicht das Meeting einer schlechten Komödie.  

Wer die heiklen Themen offen anspricht, hat damit auch die Möglichkeit, die Mitarbeitenden einzubeziehen und zu erläutern, warum jede Idee, jeder Gedanke wichtig ist. Das führt direkt zu Punkt 2:

Proaktives Handeln und Feedback einfordern

In vielen Unternehmen sind regelmäßige Mitarbeiterbefragungen mittlerweile an der Tagesordnung. Der Einsatz von entsprechender Software ist wichtig und richtig, ersetzt aber nicht das direkte Gespräch.

Eine gute Möglichkeit ins Gespräch zu kommen ist es, die Ergebnisse dieser Umfragen in den Teams zu besprechen und dabei sehr konkret zu werden: Wie kann die Kommunikation verbessert werden? Wie oft sollten wir unsere Videocalls haben? Wie organisieren wir den Informationsfluss zwischen den Abteilungen? Welche Feedback-Regeln geben wir uns? Wie gehen wir wertschätzend miteinander um? Was läuft schon gut? Und wo können wir uns noch verbessern?

Viele Führungskräfte stellen diese Fragen in den ersten 100 Tagen, wenn sie eine neue Position antreten. Es gibt keinen Grund, dies nicht regelmäßig zu wiederholen. Im Rahmen der viel beschriebenen „New Work“-Bewegung wird Partizipation ganz großgeschrieben. Sie beginnt mit einer simplen Frage: Was würdest du verbessern, wenn du es könntest?

Töten Sie nicht die Überbringer der (schlechten) Botschaft

Jede Offenheit und Diskussionsbereitschaft wird im Keim erstickt, wenn der Bote des kritischen Feedbacks sanktioniert wird. Schlechte Nachrichten hört niemand gern – doch es gibt ein einfaches Rezept, um nicht aus der Haut zu fahren oder im Eifer des Gefechts Dinge zu sagen, die man später bitter bereut: Jedes Feedback hat ein wertschätzendes Dankeschön verdient. Reagieren kann man darauf auch zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sich die Emotionen wieder gelegt haben und die Chance bestand, über das Herangetragene nachzudenken.

Gar nicht zu reagieren ist allerdings keine Lösung. Nichts ist schlimmer, als Feedback versanden zu lassen.

Fehler eingestehen

Auch wenn es schwerfällt und vielleicht zu Anfang ungewohnt ist: Sobald Führungskräfte eigene Fehler oder Fehleinschätzungen zugeben, bekommen die Mitarbeitenden die Sicherheit, sich ähnlich verhalten zu dürfen. Es muss gar keine „Fuck-Up-Night“ sein, in der auf der Bühne über Pleiten, Pech und Pannen gesprochen wird. Es beginnt im Kleinen: Im Weekly zuzugeben, dass man die Auftragslage falsch eingeschätzt hat, in der morgendlichen Konferenz darauf einzugehen, dass man das eigene Produkt gegenüber der Konkurrenz deutliche Schwächen hat. Selbstreflexion ist ein Zeichen von Stärke. Verletzlichkeit zeigen macht nicht nur menschlich, sondern öffnet auch den Raum für andere, ihre Fehler zuzugeben.

Die Fehler der anderen nicht streng zu sanktionieren, niemanden lächerlich zu machen und respektvoll miteinander umzugehen: Dieses Verhalten wünschen sich die Mitarbeitenden, damit sie sich trauen, Fehler einzugestehen. Gemeinsam aus Fehlern zu lernen ist eine großartige Teambuilding-Maßnahme und wirkt genauso stark wie Erfolge zu feiern. Vermutlich ist das eine sogar die Voraussetzung für das andere. 

Feedback und Austausch gelingt auch digital

Mobiles und zeitlich flexibles Arbeiten war in kreativen Branchen immer schon eher normal, seit Beginn der Pandemie schwappte die Welle auch auf alle anderen Industrien über – und das Arbeiten wird flexibel bleiben. In dieser Umgebung ist es viel schwieriger, spontan Feedback zu geben oder unangenehme Themen anzusprechen.

Es gibt jedoch viele geeignete Plattformen, die neben regelmäßigen Abstimmungen und Umfragen auch Feedback-Tools enthalten. Es sind häufig App-basierte Systeme, die auf unterschiedliche Bedürfnisse und Firmengrößen ausgerichtet sind und sehr nutzerfreundlich und leicht bedienbar daherkommen. Mitarbeitende bekommen damit die Chance, sich zu äußern und den Arbeitsalltag mitzugestalten. Das stärkt die Mitarbeiter-Bindung und mittelfristig auch das Employer Branding. 

Fazit

Ein hoher Grad psychologischer Sicherheit hat enorme Auswirkungen auf die Zufriedenheit und auf die Leistung von Mitarbeitenden. Angstfreiheit ist nachweislich auch eine gute Voraussetzung für Innovationsfähigkeit. Es ist überraschend einfach, ein solches Klima zu schaffen. Am Ende kommt es darauf an, offen und ehrlich zu sein, den Mitarbeitenden zu vertrauen und sie einzuladen, ihren Arbeitsalltag mitzugestalten. Es kostet nicht viel, braucht allerdings ein modernes Führungsverständnis und eine gewisse Souveränität der Führungskräfte. Und die haben Sie bestimmt, oder?!

Claudia Michalski